Gastrezension vom roten textQuartett-Vierterl Astrid

Ich bin Circe

(hier seufze ich, weil ich es wie Scylla verschlungen habe)

Wenn jemand der Meinung ist, man könne Charisma erlernen, dem sei gesagt, nicht einmal die Götter besitzen Charisma im Standardgepäck ihrer Charakterausrüstung.

Wenn jemand von euch immer schon Verliebtheit empfand für die Heldinnen und Helden alter griechischer Sagen, dann - ich schwöre bei Zeus, Hera, Hermes, Ares, Artemis, Aphrodite, Athene und Helios und all den anderen Taugenichtsen im Olymp - empfehle ich euch Circe.

Circe besitzt eine ganz eigene Portion Charisma. Sowohl die Geschichte als auch die Göttin, die der Geschichte ihren Namen gibt.

Spannend. Traurig. Erschütternd. Gemein. Herrlich. Ein griechisches Märchen neu geschrieben. Voll mächtiger Götter und deren Torheiten. Es ist scharf geschrieben, es ist wendig, verrückt, flüsternd, aufrecht, protzig, glitschig, voller Verwandlung.

Circe, ein Kind Helios, des Sonnengottes und einer Nymphe. Ein in den Augen der Familie hässliches Kind, mit unangenehmen Charakterzügen (sie denkt selbst, sie ist kritisch, sie liebt Menschen). Ein Kind, das sie nicht für viel Geld an den Mann bringen werden, keine tolle Ehefrau also, deren grauenhafte Stimme jener eines Menschen gleicht und die - tröstlich oder gefährlich - Begabungen einer Heilerin besitzt.

Oder doch die Begabungen einer Hexe?

Verbannt auf eine Insel, mit den Fingern in der Erde, mit schmutzigen Füßen und Kletten in den Röcken, gesegnet mit Flüchen, die für Kummer sorgen sowie dem Wissen um Pflanzen und deren Magie.

Tausende Jahre alt, göttlich unsterblich, forever jung.

Das Buch ist ein einziger, märchenhafter Tanz durch die Sagenwelt des griechischen Altertums mit einer Hauptdarstellerin, die erst in der Verbannung aufblüht und sich am Schluss entscheiden muss.

Götter oder Menschen?

Genial.

Gruß, Astrid

Ich bin Circe/Madeline Miller

#Buchtipp